Einladung: Auf Kosten des Mittelbaus? Das Corona-Krisenmanagement der Hochschulen und Perspektiven politischer Organisierung

Montag, 18.05, 16:00-17:30 Uhr

Wir laden alle Interessent*innen und Betroffene ein zu einer digitalen Diskussions- und Austauschveranstaltung mit Vertreter*innen von Uni Kassel Unbefristet (https://unikasselunbefristet.com/), unter_bau (https://unterbau.org/, Frankfurt) und der Mittelbauinitiative Hamburg (http://www.mittelbau-hamburg.de/)

Die COVID-19 Pandemie und das Krisenmanagement von Vorgesetzten und Hochschulleitungen wirken sich auch auf die Arbeitsbedingungen des Mittelbaus (wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, Doktorand*innen, Lehrbeauftragte, Juniorprofessor*innen, studentische Mitarbeiter*innen usw.) an den Hochschulen negativ aus. Die Spannweite der Probleme reicht von Anweisungen zur Dokumentation von Arbeitsstunden im Home-Office über auslaufende Befristungen und nicht verlängerte SHK und Tutor*innenverträge oder den Wegfall von Lehraufträgen bis hin zur Umsetzung digitaler Lehrinhalte und angemessener Vergütung des damit verbundenen Mehraufwandes. Für Promotionsstipendiat*innen ist es teilweise unmöglich, ihre Dissertationen innerhalb der Höchstförderdauer abzuschließen. Besonders schwer trifft die Krisensituation Beschäftigte mit Kinderbetreuungs- und Fürsorgeverpflichtungen, die weiterhin in vollem Umfang ihren dienstlichen Verpflichtungen nachkommen sollen, obwohl Schulen und Kitas geschlossen sind. Zu dieser Gruppe gehören auch viele derjenigen, die in Bereichen der Verwaltung arbeiten, die unabdingbar sind, um den Hochschulbetrieb im Zuge der Corona-Krise aufrechterhalten zu können.

Vor diesem Hintergrund wollen wir uns städteübergreifend über die zentralen Probleme, denen wir gegenwärtig gegenüberstehen austauschen und über Protest und politische Organisierung sprechen. Die Vertreter*innen der Initiativen werden dazu zunächst jeweils ihre Erfahrungen vor Ort in einem kurzen Input skizzieren. Anschließend gibt es die Möglichkeit, sich in kleineren Gruppen über die eigene Situation auszutauschen, Fragen zu stellen und gemeinsam über Perspektiven nachzudenken.

Link zur Veranstaltung: https://us02web.zoom.us/j/85031632307

Facebook-Event: https://www.facebook.com/events/641945986394008/

Weitere Informationen:

Das Sommersemester 2020 muss ein „Nichtsemester“ werden – Ein offener Brief aus Forschung und Lehre

Wir haben uns dazu entschlossen, den offenen Brief Das Sommersemester 2020 muss ein „Nichtsemester“ werden – Ein offener Brief aus Forschung und Lehre zu unterstützen:

Die überaus dynamische und damit unwägbare, besorgniserregende Entwicklung der COVID-19-Pandemie betrifft uns alle, als Gesellschaft und als Individuen. Unser Alltag, auch und gerade die Arbeit als Forschende und Lehrende wird davon massiv tangiert – auf Weisen, die von niemandem zuverlässig eingeschätzt werden können, weder zeitlich noch qualitativ. Universitäten, Hochschulen und Akademien sind nun als (virtueller) Raum gefragt, in dem der Bildungs- und Forschungsauftrag weiterhin verfolgt wird, der Reflexion und Diskussion gestattet, einen Grad an Normalität herstellt sowie notwendige Ressourcen für Forschung und Lehre bereithält. Aber die Hochschulen müssen auf den überstürzten Takt der öffentlichen Entwicklungen und Maßnahmen mit Entschleunigung reagieren (können). Daher rufen wir dazu auf, das Sommersemester 2020 nicht als ‘business as usual’ laufen zu lassen.

[…]

Befristet beschäftigten Mitarbeiter*innen sollte nach dem Vorbild der Regelung, die die DFG für Doktorand*innen in Graduiertenkollegs getroffen hat, eine Verlängerung des Vertrages um mindestens ein Semester angeboten werden. Lehraufträge müssen aufrechterhalten werden, denn sie sind existenzsichernd. Als Lehrende und Forschende arbeiten wir nach Möglichkeit an diesen Lösungen mit.

Die solidarische Bewältigung der COVID-19-Pandemie hat oberste Priorität. Ein Semester kann warten.

Solidarität mit dem Hamburger Bündnis zum internationalen feministischen 8. März Streik

Die Mittelbauinitiative hat sich gegen prekäre Arbeitsbedingungen im akademischen Bereich zusammengeschlossen. Gemeinsam mit der Tarifinitiative für studentische Beschäftigte TV Stud Hamburg erklären wir uns solidarisch mit dem internationalen feministischen Streik zum 8. März in Hamburg und darüber hinaus. Ungleiche Geschlechterverhältnisse zeichnen sich an den Hochschulen und im Bildungssektor ebenso ab wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen. Zudem sind unsere Arbeitsplätze wie so viele Bereiche öffentlicher Daseinsfürsorge von Sparmaßnahmen betroffen, was zusammen mit einer strukturellen Unterfinanzierung den Druck auf alle Arbeitenden drastisch erhöht.

Vor allem beruht der akademische Betrieb, und hier sehen wir eine starke Solidarisierungsmöglichkeit mit feministischen Kämpfen, auf unbezahlter Arbeit. Sie nennen es Liebe – wir nennen es Arbeit, der Slogan aus der Lohn-für-Hausarbeitskampagne, kann heute problemlos auf akademische Arbeitsverhältnisse übertragen werden: Sie nennen es Berufung – wir nennen es Beruf. Diese Unterfinanzierung betrifft zudem besonders stark feministische Wissenschaft. Feministische, erkämpfte Studiengänge wurden wieder abgeschafft, Professuren mit Genderschwerpunkt nicht nachbesetzt und feministische Lehre immer weiter prekarisiert, sodass sie häufig nur noch über Lehraufträge oder ehrenamtlich stattfindet.

Auch im Wissenschaftsbetrieb zeigt sich: Als FLINT*-Personen müssen wir nicht nur unsere Lohnarbeit bewältigen, sondern zudem immer auch noch gegen Diskriminierung anarbeiten. Für uns ist deutlich, ein feministischer Arbeitskampf ist deshalb auch ein Kampf um die Verbesserung aller Lebensbereiche!

Wir setzen uns ein gegen Konkurrenzdruck, unbezahlte Arbeit, befristete Verträge, Hierarchien und Sparzwang. Wir kämpfen für solidarische Wissensproduktion und gleichen Zugang zu Bildung und gesellschaftlichen Ressourcen für alle.

Facts:

  • Rückblick: Seit 100 Jahren dürfen Frauen in Hamburg studieren (immerhin genauso lang, wie sie wählen dürfen). Allerdings lag der Anteil der Studentinnen* zu Gründungszeiten deutlich niedriger, weil die Familien traditionell eher das Studium ihrer Söhne finanzierten. In den 1920er Jahren mussten Hamburger Wissenschaftlerinnen* noch gekündigt werden, wenn sie heirateten.
  • Gläserne Decke: 50 % der Studierenden in Deutschland sind weiblich, 45 % der Promovierenden, doch nur 30 % der Habilitationsschriften verfassen Frauen und nur 24% der Professuren haben Frauen inne (Zahlen von 2017).
  • Gender-Pay-Gap: Professorinnen verdienen bis zu 8 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Der GPG wird größer, je höher die Besoldung ist.
  • Unbezahlte Arbeit: Der größte Teil wissenschaftlicher Stellen sind Qualifikationsstellen, wobei die Mehrheit in Teilzeit angestellt ist. Die „freie“ Zeit diene der „eigenen“ Weiterbildung. Das ist im Ergebnis aber lediglich eines: unbezahlte Arbeit im Namen der Universität.
  • Fachfremde Arbeit: FLINT*-Personen, die als studentische Hilfskräfte arbeiten, werden mit Jobfremder Reproduktionsarbeit beauftragt (Kaffee kochen, putzen, Kekse drapieren, etc.) .
  • Familie: Prekäre Beschäftigungen und Konkurrenzdruck halten Akademiker*innen weiterhin von der Familienplanung ab: Nicht einmal die Hälfte der Frauen über 45 hat Kinder (und auch bei den Männern sind es nur 42%).
  • Outsourcing: Die Reinigung der Hamburger Universitäten wird prinzipiell durch Fremdunternehmen geregelt. Feste Anstellungen für Sorge-Arbeit wird also nicht anerkannt. Von den ausbeuterischen Arbeitsbedingungen betroffen sind mehrheitlich Frauen*.
  • Drittes Geschlecht: Die Registrierung unter Angabe eines dritten Geschlechts ist weder Studierenden noch Angestellten an Hamburgs Universitäten möglich. Betroffene geraten dadurch in einen Erklärungsdrang, in rechtliche Unsicherheit und werden gedrängt Recherchearbeit und zusätzliche Kommunikation zu leisten.
  • Sexismus: Persönliche Abhängigkeiten des Lehrstuhlsystems fördern Alltagssexismus und das Verschweigen von sexuellen Belästigungen.
  • Fehlende Personalvertretung: Dadurch, dass studentische Hilfskräfte vom Personalvertretungsrecht ausgenommen sind, wird die Vereinzelung und Abhängigkeit von dem*der Vorgesetzten verstärkt.
  • Patriarchale Wissenschaft: Die Lehrinhalte sind oft von einem männlichen Blick geprägt und die Literaturlisten sind mehrheitlich von Männern dominiert. Mehr Feministinnen* in der Wissenschaft sind auch wichtig, um die Fortschreibung sexistischer Strukturen in Lehrinhalten aufzubrechen.
  • Inhaltliche Ausrichtung der Stellen: Technische SHK-Stellen werden deutlich häufiger von Männern besetzt. Zudem ist diese Stellenart sogar meist besser gestellt und fällt unter den TV-L.

Aktionstag „Stadt der prekären Wissenschaft“ ist voller Erfolg

Über 30 Menschen kamen am heutigen 12.02.2020 vor der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (BWFG) zusammen.

Wir waren studentische Hilfskräfte, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und unterstützende Leute, die verstanden haben, dass gute Wissenschaft auf guten Arbeitsbedingungen beruht und braucht! In großformatigen pinken Kartons haben wir unsere Forderungen verpackt, in die Behörde getragen und vor Katharina Fegebanks Büro aufgebaut. Wir freuen uns, unseren Forderungen so heute deutlich Sichtbarkeit und Hörbarkeit verschafft zu haben.

Die gemeinsame Stellungnahme der Mittelbauinitiative Hamburg und TVStud findet sich hier:

Weitere Informationen finden sich auch auf der Kampagnenwebsite, unserem Twitterkanal oder unter dem Hashtag #wissenschaftprekär.

Berichterstattung:

https://taz.de/Zu-wenig-Geld-Wertschaetzung-Sicherheit/!5659782/
https://www.abendblatt.de/hamburg/article228406849/Uni-Mitarbeiter-demonstrieren-vor-Fegebanks-Behoerde.html

Kampagne gestartet: Hamburg – Stadt der prekären Wissenschaft

Anlässlich der Bürgerschaftswahlen 2020 in Hamburg haben die Mittelbau Initiative Hamburg und TVStud eine Kampagne gestartet:

Wir fordern von der Stadt Hamburg:

  • Einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte – sowie das Recht auf ein eigenständiges Mitbestimmungsgremium!
    • Mindestens 2-jährige Befristungen für studentische Beschäftigte an den Hamburger Hochschulen, wie sie bspw. auch in Berlin möglich ist.
  • Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im akademischen Mittelbau!
    • Schaffung zusätzlicher und unbefristeter Stellen, insbesondere im wissenschaftlichen Mittelbau (max. 8 LVS Lehrverpflichtung)
    • Festschreibung des Stellenumfangs von Promotionsstellen auf 100 Prozent (dabei 50% der Zeit für die Qualifikation) mit angemessenen Vertragslaufzeiten (z.B. 6 Jahre)
    • sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als Regelfall für die Promotion
    • Regelhaft entfristete Beschäftigung für Post-Docs
    • Höhere Entlohnung von Lehraufträgen und Titellehre

Nichts muss so sein wie es ist!

Wir danken allen Gewerkschaften, (Hochschul-)Gruppen und Professor*innen, die uns unterstützen – zusammen sind wir stark.

Mehr Details und der ganze Aufruf finden sich auf www.wissenschaft-prekaer.org

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